Berghütten, Naturfreundehäuser, Jugendherbergen und andere Unterkünfte für Wanderer und Bergsteiger werfen immer mehr Nahrungsmittel weg und produzieren im Vergleich zu früher immer mehr Müll. Wo bleibt da die Nachhaltigkeit?
Standard rauf – Zufriedenheit runter
Früher war nicht alles besser, aber früher war einiges anders. Wenn man noch vor wenigen Jahrzehnten als Wanderer oder Radfahrer unterwegs war, und hat in Berghütten, Jugendherbergen oder ähnlichen Unterkünften übernachtet, dann gab es abends ein (=1) Gericht zum Abendessen. Und das bestand manchmal nur aus Brot mit Wurst oder Käse. Trotzdem waren alle damit zufrieden.
Heute gibt es meist unterschiedliche Menüs zur Auswahl, außerdem Varianten für diverse Ernährungsgewohnheiten, trotzdem hält sich die Zufriedenheit oft in Grenzen. Schon darüber lässt es sich trefflich philosophieren, aber diese Entwicklung wirft auch noch ein anderes Problem auf. Es wird mehr Essen weggeworfen und mehr Müll produziert.
Die Ansprüche steigen
Wie kam es zu dieser Entwicklung? Die Gäste auf Hütten und in anderen Wanderherbergen werden immer anspruchsvoller. Mittlerweile wird eine Wanderung oft sogar schon nach dem Standard der Berghütte gewählt, statt nach landschaftlichen Aspekten. Der Konkurrenzkampf zwischen den Wirten wird so härter, und die Betreiber von Unterkünften müssen ihren Standard erhöhen, um nicht links am Wanderweg liegen zu bleiben … und um nicht permanent in Rechtfertigungsdruck ob ihrer einfachen Angebote zu geraten.
Das betrifft nicht nur die Auswahl auf der Speisekarte, sondern auch andere Standards wie Duschen (die auf Berghütten traditionell nicht vorhanden sind), wie die Ausstattung der Zimmer oder das Vorhandensein und die Qualität von WLAN. Nachhaltigkeit wird als Argument nur selten akzeptiert.
Viel Auswahl – viel Müll
Bleiben wir jedoch beim Essen. Verschiedene Gerichte anzubieten bedeutet auch, dass viel übrig bleibt. Die Reste landen im Müll. Das hat auch mit Hygienevorschriften zu tun. Die Speisen stammen aus Verpackungen, deren Menge mit der Variantenbreite der Gerichte ebenfalls zunimmt.
Was könnte nun die Lösung sein? Es wäre schon sehr hilfreich, wenn viele Wanderer, Radfahrer oder andere Naturfreunde ihre Ansprüche wieder etwas herunterschrauben würden. Vor kurzem habe ich die Meinung gehört, dass doch der Standard im Urlaub nicht geringer sein könne, als zu Hause. Das ist meiner Meinung nach zumindest für Wanderer, Bergsteiger oder Radfahrer nicht unbedingt ein erstrebenswerter Ansatz.
Am Buffet würde es schon helfen, wenn man sich jeweils nur soviel auflädt, wie man auch essen kann. Hygienevorschriften, die in Hotels gelten, sind aus meiner Sicht nicht immer auch für Berghütten angebracht.
Planung erleichtert Nachhaltigkeit
Bei Wanderunterkünften aller Art – auch bei den Hütten in den Alpen – sollte es selbstverständlich werden, dass sich die Gäste vorher anmelden. So kann die Zubereitung des Abendessens und des Frühstücks besser geplant werden, mit der Folge, das weniger weggeworfen wird. Im vergangenen Jahrhundert war es normal, dass der Wanderer, Bergsteiger oder Radfahrer seine Lebensmittel selbst transportierte. Wenn man den Proviant selber tragen muss, führt das automatisch dazu, dass nur das Essen auf den Tisch kommt, das auch gegessen wird.
Genügsamkeit ist kein Charakterfehler
Ich meine nicht, dass alle Alpenvereinshütten nun wieder Selbstversorgerhütten werden sollten. Aber es wäre aus meiner Sicht sehr wünschenswert, wenn die Wandergemeinde wieder zu einer gewissen Genügsamkeit zurückkehren würde.
Die Jugendherbergen sind einmal als preisgünstige Alternative zum Hotel entstanden, damit sich auch jüngere (und ältere) Wanderer mit schmalem Geldbeutel eine Unterkunft leisten konnten. Die heutigen Standards in den Jugendherbergen sind meiner Meinung nach ebenso überzogen, wie die modernen Standards vieler Berghütten. Und das hatte natürlich zur Folge, dass auch die Preise gestiegen sind.
Der einfachste Weg zur Nachhaltigkeit: Weniger ist mehr
Suchen nicht viele Wanderer bei ihren Aktivitäten in der Natur das Einfache, Natürliche und Ursprüngliche? Auf einer Trekkingtour am Watzmann, die ich oft geführt habe, gab es eine sehr einfache Hütte. Anfangs waren manche Gäste fast schockiert von der rudimentären Ausstattung dieser Unterkunft. Wenn ich aber am Ende der Trekkingwoche die Gruppe gefragt habe, welche Hütte ihnen am besten gefallen hat, dann wurde immer diese einfache Holzhütte mit Plumpsklo und dem Waschen am Brunnen genannt. Vielleicht zeigt diese Geschichte, das wir die Prioritäten bei der Auswahl unserer Unterkünfte etwas anders setzen sollten … Nachhaltigkeit und Erlebnisqualität gehen problemlos Hand in Hand. Und die Adjektive „bequem“ und „komfortabel“ müssen nicht ausschließlich positiv besetzt sein. Und Genuss entsteht nicht nur in Sterneküchen.
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