Wandern statt Skifahren im Mittelgebirge?

Die Zukunft der Wintersportorte im deutschen Mittelgebirge

Wie sieht in den deutschen Mittelgebirgen in Zukunft der Winterurlaub aus? Die Krise der Skigebiete ist jetzt schon überdeutlich. In manchen Wintern fällt im Mittelgebirge kaum noch Schnee und die Anzahl der Pistentage ist über die Jahre enorm gesunken.

Wie lange gibt´s noch Schnee im Mittelgebirge?
Wie lange gibt´s noch Schnee im Mittelgebirge?

Sind Schneekanonen eine Lösung?

An vielen Stellen wird versucht, mit Beschneidungsanlagen gegen zu arbeiten. Das kostet viel Geld und Energie und heizt damit den Klimawandel noch weiter an. Auch, wenn man irgendwann die Beschneiungsanlagen mit Ökostrom versorgt, hat diese Methode ihre Grenzen. Es fehlt einfach an der absoluten geographischen Höhenlage. Für den Bayerischen Wald wird prognostiziert, dass sich die perfekten Schneetage bis zum Jahr 2050 um 70% reduzieren.

Die Skisaison wird kürzer – nicht nur im Mittelgebirge

Es gibt aber auch noch andere Faktoren, die den Wintersport verändern. Schneemonate verschieben sich schon seit einiger Zeit immer weiter nach hinten. In Zukunft wird in vielen Skigebieten die Saison erst im Februar beginnen und im April zu Ende sein. Da die Skigebiete aber jetzt schon meist an ihren Belastungsgrenzen agieren, kann die kürzere Saisonzeit nicht durch steigende Besucherzahlen pro Tag ausgeglichen werden.

Außerdem steht auch der demografische Wandel gegen den klassischen Skiurlaub. Viele derzeit aktive Skiläufer befinden sich bereits im Rentenalter und hängen in den nächsten Jahren ihre Ski an den Nagel. Die Skigebiete verlieren also nicht nur Schnee, sondern laut Prognosen auch bis zu einem Viertel ihrer Gäste.

Wie kann die Zukunft der Wintersportorte gestaltet werden?

Wie kann für die Wintersportorte im Mittelgebirge, die ja schließlich von Skitourismus leben, die Zukunft aussehen? Werden Hotels, Restaurants und Skigebiete zu Lost Places? Oder ist eine Kompensation der fehlenden Gästezahlen durch andere Aktivitäten möglich?

Klimawandel im Mittelgebirge
Klimawandel im Mittelgebirge

Diese Fragen können sicher nicht pauschal beantwortet werden. Abhängig ist die weitere Entwicklung von vielen Faktoren. Es braucht gute Ideen, aktive progressive Akteure in Wirtschaft und Politik, die Überwindung einer lähmenden Bürokratie sowie Investitionen in einen nachhaltigen ganzjährigen Tourismus.

Beispiele dafür gibt es schon. Das Bullhead-House im Fichtelgebirge z.B. arbeitet schon daran. Der Ochsenkopf, gerade mal etwas höher als 1000 m, bietet im Winter immer weniger Schnee. Das bedeutet für die Betriebe, dass sie im Sommer stärkere Einnahmen generieren müssen, um die fehlenden Wintersportgäste auszugleichen. Hier setzt man auf Mountainbiker und hat dazu ein Mountainbike Center gegründet.

Auch Wanderer, Nordic Walker und Trekkingfreunde werden in den Mittelgebirgen gern genommen. An vielen Stellen hapert es aber noch deutlich an einer guten Infrastruktur und einer freundlichen Willkommenskultur für diese Zielgruppen.

Wanderwege müssen markiert und an die Gäste kommuniziert werden. Dabei reicht es nicht, die Wanderer über breite Forststraßen durch die Wälder zu leiten. Wer heute wandern geht, will in der Regel die Natur hautnah genießen. Schmale, gewundene Pfade sind deutlich romantischer und erlebnisreicher als Feldwege und Forststraßen.

Gastronomie auf dem absteigenden Ast?

Einkehrmöglichkeiten bereichern das Wandergebiet und locken Gäste an. Zur Zeit werden aber in den deutschen Mittelgebirgen viel mehr Ausflugsgaststätten geschlossen als neu eröffnet. Gründe sind nach der Corona-Krise vor allem der Personalmangel und die Energiekosten.

Gastronomie Mittelgebirge - der Gast fühlt sich nicht immer willkommen ...
Bei allem Verständnis – der Gast fühlt sich nicht immer willkommen …

Über allem aber steht der freundliche Umgang mit den Wanderern und Radfahrern. Und da, das muss ich aus eigener Erfahrung mit meinen Wandergruppen leider sagen, gibt es in den deutschen Mittelgebirgen noch viel Luft nach oben.

Neuer Fokus auf Winterwandern und Schneeschuhwandern

Übrigens kann man auch im Winter wandern, auch, wenn das bislang wenige machen. Schneeschuhtouren und Winterwanderungen werden aber nach und nach immer beliebter. Vor diesem Hintergrund ist es schwer verständlich, dass es in deutschen Mittelgebirgen kaum Angebote für Schneeschuhwanderer und Winterwanderer gibt. Nur wenige Orte bieten überhaupt präparierte Winterwanderwege, und wenn, dann sind diese meist nicht länger als wenige Kilometer. Winter-Wanderwege-Netze gibt es kaum.

Manche Orte in Bayern und Österreich machen aber schon vor, wie es geht. In Berchtesgaden, im Lechtal oder in Seefeld in Tirol gibt es schon jeweils ein richtiges Netz an präparierten Winterwanderwegen. Die Routen werden nicht geräumt, sondern ein Fahrzeug verdichtet den Schnee, so dass man gut darauf wandern kann. Hier können Wanderer auch im Winter jeden Tag längere Wanderungen unternehmen, ohne sich vor Lawinen oder Tiefschnee fürchten zu müssen. Die touristische Infrastruktur ist bereits vorhanden, so dass für die Winterwanderer kaum investiert werden musste. Vielleicht müsste man an einigen Stellen noch gezielter auf diese Möglichkeiten hinweisen.

Das gleiche betrifft das Schneeschuhwandern. Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie viele Informationen die Tourismusorganisationen für Skifahrer und Tourengeher bereithalten. Kaum ein Wintersportort bietet aber attraktive Angebote für Schneeschuhwanderer. Natürlich gibt es immer wieder hier und da mal eine Schnuppertour, auf der die Gäste am Nachmittag für zwei Stunden Schneeschuhe ausprobieren können. Aber ein richtiges Routennetz, vergleichbar mit einem Wanderwegenetz im Sommer, gibt es aber so gut wie nie.

Alpen oder Mittelgebirge: Schneeschuhwandern geht auch bei wenig Schnee
Alpen oder Mittelgebirge: Schneeschuhwandern geht auch bei wenig Schnee

Die beiden genannten Aktivitäten, Winterwandern und Schneeschuhwandern, sind für die Mittelgebirge optimal. Es besteht so gut wie keine Lawinengefahr und das Gelände eignet sich hervorragend, um Winterwanderwege zu präparieren und Schneeschuhtrails zu markieren. Und bei beiden Spielarten des Wintersports gibt es keine Probleme bei fehlendem oder lückenhaft im Schnee. Der Wanderer ist sowieso auf jedem Untergrund zu Hause, und der Schneeschuhwanderer kann bei schneefreien Passagen auch schnell mal das Sportgerät an den Rucksack hängen.

Fazit – Winterurlaub der Zukunft im Mittelgebirge:

Die deutschen Mittelgebirge müssen mit einem langfristigen Totalausfall ihrer Wintersporteinnahmen rechnen, wenn sie nach den Skifahrern keine neuen Zielgruppen ansprechen. Um das langfristig zu kompensieren ist nun aber Aktivität gefragt. Einfach warten was passiert ist nicht der richtige Weg, denn das würde den Wintersportorten im Mittelgebirge wirtschaftlich das Genick brechen.

Neue Besuchergruppen wie Schneeschuhwanderer und Winterwanderer kommen aber nicht von allein. Auch sie brauchen eine Infrastruktur, die aber vergleichsweise einfach und ohne hohe Kosten errichtet werden kann. Und der Gast muss sich in jedem Betrieb willkommen fühlen. Der Rest ist Kommunikation.

Nachsatz: Wie geht es in den Alpen weiter?

Ein gutes Projekt von Orten, die Alternativen zum Pistenrummel anbieten, ist die Vereinigung der > Bergsteigerdörfer.

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