Was tun im Notfall?

Überlegt handeln im Notfall – zwei wesentliche Probleme stellen sich oft bei Unfällen im Gebirge:

  • Die drohende Unterkühlung eines Verletzten.
  • Der Transport des Verletzten von der Unfallstelle zu einem geschützten Platz oder einer Stelle, wo der Helikopter den Verletzten aufnehmen kann.

Hier ein paar Hinweise, wie diese Probleme unter den Bedingungen einer Bergtour gelöst werden können.

Lebensgefahr Unterkühlung

Bei Notfällen im Gebirge, auch bei moderaten oder sogar warmen Temperaturen wie am Mittelmeer oder eine Tropen, ist Unterkühlung immer eine große Gefahr. Hat sich jemand verletzt, ist er oder sie in der Regel nicht mehr mobil und liegt in vielen Fällen bewegungslos am Boden. Er oder sie kann sich nicht mehr durch aktives Bewegen warm halten und die Bodenkälte kühlt zusätzlich aus.

Auskühlung im Notfall droht nicht nur im Winter
Auskühlung im Notfall droht nicht nur im Winter

Das geschieht auch schon bei warmen Temperaturen, wie z.B. Frühlingswanderungen am Mittelmeer. Man kann das auch zu Hause testen: Wenn man sich in der Kleidung, in der man sich zu Hause bewegt, einfach mal für wenige Minuten bewegungslos auf den Fußboden legt. In der Regel wird einem da schon kalt.

Noch viel schlimmer ist das natürlich, wenn noch durchgeschwitzte Kleidung, andere Feuchtigkeit und/oder Wind dazu kommen. Und eine Unterkühlung ist akut lebensbedrohend! Daher ist bei jeder Verletzung, wie z.B. einem umgeknickten Knöchel oder Knie oder einem gebrochenen Bein, die drohende Unterkühlung mitzudenken und entsprechende Maßnahmen dagegen zu treffen.

Wie halte ich Verletzte im Notfall warm?

So ist eine der ersten Maßnahmen, den Verletzten mit Hilfe von Biwaksack, Rettungsdecken oder was man sonst so hat einzupacken und warm zu halten. Stark blutende Wunden oder andere drängende Probleme haben natürlich unter Umständen Vorrang. Aber die Behandlung z.B. eines gebrochenen Unterschenkels funktioniert auch, wenn der Rumpf und der Kopf des Patienten eingepackt sind.

Wärmepackung vorbereiten

Bin ich im Notfall mit den entsprechenden Hilfsmitteln ausgestattet, kann ich den großen Biwaksack am Boden ausbreiten. Darüber bereite ich eine Rettungsdecke. Welche Seite nach oben oder unten kommt, Gold oder Silber, ist egal.

Die zweite Rettungsdecke doppelte ich und lege sie quer auf die Unterlage. Sie soll später den Rumpf des Patienten umschließen. Habe ich die Wärmepackung so vorbereitet, muss der Patient darauf gelegt werden. Dazu kann ich ihn auf eine Seite rollen, und die halb aufgerollte Unterlage unterschieben. Dann lasse ich ihn zurück kippen und Breite die eingerollte Hälfte der Unterlage wieder aus.

Lagerung des Verletzten

Der Verunfallte sollte nun zentral auf der vorbereiteten Unterlage liegen. Nun wickle ich die doppelte Rettungsdecke um seinen Rumpf und falte die zweite Rettungsdecke über dem Patienten zusammen. Auch der Biwaksack wird zusammengefaltet.

Optimal wäre nun, wenn ich den Biwaksack per Reißverschluss schließen könnte. Ich kann mir aber auch mit einer langen Schnur oder einem Paar langer Schnürsenkel – z.B. aus dem Bergschuh des Unfallopfers – helfen.

  • Ich packe kleinere Gegenstände wie Steine oder Holzstücke in die Kante des Biwaksacks ein und verdrehe diese.
  • Per Schnur und Mastwurf fixiere ich diese Knubbel und lege einige Deka-Zentimeter weiter den nächsten Knubbel an.
  • Mit einem weiteren Mastwurf wird auch dieser fixiert, so dass die Kordel letztlich den gesamten Biwaksack über dem Patienten zusammenhält. Muss ich den Unterschenkel noch versorgen (die meisten Verletzungen beim Bergsteigen betreffen den Bereich zwischen Knie und Knöchel) lasse ich an dieser Stelle die Verpackung vorerst offen.

Aktiv aufwärmen, aber vorsichtig!

Ist es besonders kalt oder der Verletzte schon stark ausgekühlt, sollte ich dem Rumpf aktiv Wärme zuführen. In solchen Fällen kann ich z.B. ein Dreieckstuch mit heißem Tee tränken und auf den Oberkörper des Verletzten auflegen (zwischen Unterwäsche und Kleidung). Das nennt man Hibler-Packung. Am besten packt man das feuchte Tuch in eine Plastiktüte, um die Kleidung nicht zu durchnässen. Noch besser sind natürlich chemische Wärmekissen.

Nach einer starken Unterkühlung muss der Patient aber sehr vorsichtig und am besten im Krankenhaus aufgewärmt werden. Wenn das kalte Blut aus den Extremitäten in den Rumpf fließt, kann der Unterkühlte sterben (Bergungstod).

Wie transportiere ich einen Verletzten?

Die Rucksacktrage

Aus zwei nicht allzu kleinen Rucksäcken kann ich im Notfall hervorragend eine Trage bauen. Ich lege die Rucksäcke mit ihren Deckelklappen aneinander, die Tragegestelle nach oben. Nun verwende ich mit je einem Dreieckstuch oder einem Gürtel oder ähnlichem die Schulterriemen beider Rucksäcke. Anschließend werden die Riemen etwas angezogen.

Notfall-Trage: Obere Enden der Rucksäcke verbinden
Notfall-Trage: Obere Enden der Rucksäcke verbinden

Der Notfall-Patient wird dann auf die beiden Rucksäcke gelegt, der Hüftgurt des einen Rucksacks wird über seinen Kopf gelegt und fixiert diesen, der Hüftgurt des anderen Rucksacks liegt idealerweise über seinen Füßen oder Knöcheln.

Notfall: Trage aus zwei Rucksäcken
Notfall: Trage aus zwei Rucksäcken

Nun können (im Optimalfall) vier Helfer in die Schulterriemen fassen und ein fünfter Helfer achtet auf den Kopf des Verletzten. Mit den Füßen voraus lässt sich der Verletzte nun relativ gut über eine gewisse Strecke tragen.

Beim Transportieren von Verletzten sollte darauf geachtet werden, dass diese in einer waagerechten Position bleiben. Sonst besteht gerade unter kalten Bedingungen die Gefahr, dass sich das kalte Blut der Extremitäten mit dem im Körperkern konzentrierten warmen Blut mischt und es zum Bergungstod kommt.

Die Jackentrage

Eine andere Möglichkeit zum Tragen von Verletzten im Notfall, wenn keine Rucksäcke zur Verfügung stehen, ist die Jackentrage. Bei zwei Jacken werden die Reißverschlüsse geschlossen und die Ärmel nach innen gezogen. Durch die Ärmel schiebt man dann jeweils einen zusammengeschobenen Trekkingstock, insgesamt dann vier.

Nun kann an jedem Trekkingstock ein Träger anfassen, optimalerweise noch einer, der den Kopf kontrolliert, und der Verletzte lässt sich gut tragen.

Tragen mit einem Rucksack

Ist man allein und muss einen Verletzten transportieren, kann man auch einen Rucksack verwenden. Die Schulterriemen werden möglichst weit geöffnet und der Verletzte steckt seine Beine so hindurch, als würde er eine Hose anziehen (die Arme nicht hindurch stecken).

Nun muss der Verletzte etwas erhöht positioniert werden, damit der Träger mit seinen Armen in die Schultergurte einfädeln kann. Der Verletzte wird dann wie ein Rucksack getragen.

Weitere Möglichkeiten

Eine andere Variante, wie Verletzte im Notfall per Biwaksack und Wanderstöcke transportiert werden können, habe ich an anderer Stelle geschildert. Und hier steht etwas zum Thema Panik am Berg.

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