Gefahr durch Wölfe beim Wandern in Deutschland?

Die Zahl der Wölfe und der Wolfsrudel in Deutschland nimmt zu. Macht das das Wandern gefährlicher? Kann ich jetzt im Wald nicht mehr ungefährdet frei zelten oder biwakieren? Wie sieht die Gefahr durch Wölfe in Spanien, Italien und Frankreich aus? Dass die Bedenken bei Wanderern steigen, liegt sicher auch an der oft undifferenzierten Berichterstattung und den extremen Positionen von Wolfsgegnern und Wolfsfreunden.

Wolf
Der Wolf: Faszination und Angst

Um es gleich vorweg zu schicken: In diesem Beitrag geht es nicht um Schäden, die Wölfe an Weidetieren wie Schafen oder Kühen anrichten. Dieser Artikel widmet sich der Gefahr durch Wölfe beim Wandern, Trekking, Radfahren, Zelten oder Biwakieren in der freien Natur, z.B. in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Spanien und Italien.

Die Angst vor dem „Bösen Wolf“

Ich erlebe selbst immer wieder auf den Touren, die ich führe, dass einzelne Teilnehmer irrationale Ängste vor Wölfen mitbringen. Vermutlich führt eine Mischung aus verschiedene Einflüssen zu den Befürchtungen, von einem Wolf angefallen und verletzt oder getötet zu werden. Da sind zum einen die Märchen, mit denen wir aufgewachsen sind und in denen der Wolf die Verkörperung des Bösen darstellt. In vielen anderen historischen und modernen Texten, in Filmen und Hörspielen gilt der Wolf ebenfalls als Inbegriff des Gefährlichen, Aggressiven und Bösen.

Gleichzeitig haben wir über viele Generationen nicht mehr mit dem Wolf gelebt. Wir haben uns an seine Abwesenheit gewöhnt und die verborgenen Ängste waren lediglich im Reich der Fantasie zu Hause. Jetzt aber kommt der Wolf zurück und die Furcht vor dem Wolf scheint nun zur Realität zu werden. Bei der subjektiv gefürchteten Gefahr durch Wölfe spielt auch eine Rolle , dass der Mensch besonders vor Situationen und Gegebenheiten Angst hat , die er nicht kennt. Kaum jemand in Deutschlands Städten hat Angst, am Straßenverkehr teilzunehmen. Kaum jemand, der auf dem Land aufgewachsen ist, hat Angst vor Kühen. Und kaum jemand, der z.B. in den Gebirgen Spaniens oder Italiens mit dem Wolf aufgewachsen ist hat Angst, von ihm angefallen zu werden. So verständlich die irrationalen Ängste sind, die Gefahr, von einem Wolf angefallen, verletzt oder getötet zu werden, ist extrem gering.

Gefahr durch Wölfe: Früher und heute

Früher sah die Situation etwas anders aus. Wölfe und Menschen waren Nahrungskonkurrenten und Menschen haben sich den Wölfen aktiv entgegengestellt. Dadurch ist es auch häufiger zu Unfällen gekommen. Ein anderer Grund für Wolfsangriffe war in der Vergangenheit hin und wieder auch die Tollwut. Tollwütiger Wölfe haben damals in seltenen Fällen auch Menschen angegriffen. Der größte Teil Europas, so auch die Wandergebiete in Mitteleuropa, Frankreich, Italien und Spanien gelten aber als tollwutfrei, womit dieser Faktor entfällt.

In Italien z.B., wo es viele Wölfe gibt, konnte seit dem Zweiten Weltkrieg kein Wolfsangriff auf den Menschen verzeichnet werden. In Spanien und Frankreich sieht es ähnlich aus. Weltweit sind vereinzelt Unfälle mit Wölfen dokumentiert, wobei Menschen versucht haben, Wölfe anzufüttern oder zu zähmen, oder sie z.B. mit einer Mistgabel aus ihrem Hühnergehege zu vertreiben.

Wanderpfad im Wald
Der Wolf ist weg … bevor Du da bist.

Aber selbst wenn man diese Fälle, in denen der Wolfsangriff zumindest teilweise provoziert wurde, mit einbezieht, ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem Wolf aneinander zu geraten, immer noch viel geringer als Tod oder Verletzung durch Verkehrsunfall, Hundeangriff oder Sturz von der Leiter (s.u.).

Vorsichtsmaßnahmen

Auch wenn die Gefahr extrem gering ist, überhaupt auf einen Wolf zu treffen, sollte man sich in diesen Situationen so verhalten, wie man auch anderen Wildtieren gegenüber auftreten sollte. Man sollte Wölfe nicht aktiv verfolgen oder sie in die Enge treiben, z.B. um spektakuläre Fotos zu machen. Auch sollte man nicht versuchen, den Wolf von seiner Beute, z.B. einem erlegten Reh oder Schaf, zu trennen.

Auch wenn Wölfe deine Hühner oder Schafe jagen, solltest du dich nicht aktiv dazwischen werfen. Lass dem Wolf die Chance, zu verschwinden, dann droht keine Gefahr für dein Leib und Leben. So schmerzhaft der Verlust der Nutztiere ist – hier müssen Lösungen gefunden werden – das eigene Leben solltest du dafür nicht riskieren.

Zwischendurch gesagt, ich bin in den letzten 40 Jahren viel in Wolfsgebieten unterwegs gewesen, habe aber nur einmal einen Wolf in freier Wildbahn gesehen. Dieser kam auf einem Pfad mit der Nase am Boden auf mich zu. Im selben Augenblick, als er mich bemerkte, sauste er wie ein geölter Blitz ins Unterholz und war auf und davon.

Statistik der Gefahr durch Wölfe und andere Tiere

Schauen wir weiter in die Statistiken, dann sehen wir, dass viele andere Tiere deutlich gefährlicher sind für den Menschen als der Wolf. Biber z.B. übertragen die Krankheit Giardia, auch Biberfieber genannt. Daran sterben jährlich zwischen 15.000 und 20.000 Menschen. Ganz zu schweigen von Mosquito bzw. der Mücke, die noch weit mehr Menschen durch unterschiedliche übertragene Krankheiten auf dem Gewissen hat (nämlich ca. 730.000 Menschen jährlich). Selbst Flusspferde töten weltweit jährlich mehr Menschen als Wölfe. Und auch die Kokosnuss, wenn auch kein Tier, ist deutlich gefährlicher als der Wolf. Im Durchschnitt werden jährlich 150 Menschen durch herabfallende Kokosnüsse erschlagen. Haie haben immerhin noch 15 Menschen pro Jahr auf dem Gewissen.

Gefahr durch Wölfe in Deutschland: Hier noch ein paar Zahlen zum Vergleich

An welchen Unfällen sterben Menschen in Deutschland? Was sagen die Statistiken? Hier eine subjektive Auswahl der Unfallursachen:

  • Einbrüche ins Eis: ca. 100 Tote /Jahr in Deutschland
  • Sturz von der Leiter: 140 Tote /Jahr in Deutschland
  • Reitunfälle: 20 Tote /Jahr in Deutschland
  • Pilzvergiftung: 4 Tote /Jahr in Deutschland
  • Strom im Haushalt: 20 Tote /Jahr in Deutschland
  • Ertrinken: 500 Tote /Jahr in Deutschland
  • Angriffe durch Hunde: 4 Tote /Jahr in Deutschland
  • Straßenverkehr: 3300 Tote /Jahr in Deutschland
  • Wolfsangriffe: 0 Tote /Jahr in Deutschland

Lest dazu auch diese Anfrage aus meinem E-Mail-Postfach und meine Antwort darauf:

Wölfe in Deutschland
Wölfe in Deutschland: Gefahr oder Bereicherung im Ökosystem?

Gefahr durch Wölfe?

Sehr geehrter Herr Happe,

bin durch Ihre sehr interessante Website auf Sie aufmerksam geworden und
hätte eine Frage die mich sehr beschäftigt.

Bin sehr spät zum Wandern gekommen, gehe derzeit in meiner Region auf
meinen Hausrunden 2-3 Runden die Woche a. 25-30 Km. Jetzt plane ich
mehrtägige Touren vorerst in Deutschland mit Übernachtungen im Zelt.

Da die Population der Wölfe in Deutschland stetig zunimmt und ich mich
dahingehend nicht auskenne, stellt sich mir die Frage, wie könnte sich
eine nächtliche Begegnung mit einem Wolf oder einem Wolfsrudel gestalten?

Es sagen ja die einen, es bestehe rein gar keine Gefahr und die anderen
sagen, der Wolf sei ein Raubtier und natürlich könnte es gefährlich werden?!

Ich weiß natürlich, dass meine Ängste von Unwissenheit geprägt sind, wie
sehen Sie das?

Mit vielen Grüßen xxxxx yyyyy

Keine Angst vor Wölfen!

Hallo Herr yyyyy,

wären Sie ein Schaf, dann müssten Sie sich vielleicht ein paar Gedanken machen. Als Mensch aber haben Sie keinen Grund zur Sorge.

Der Wolf greift den Menschen nur an, wenn er in die Enge getrieben wird. Das trifft aber auch z.B. für Wildschweine zu, von denen ein vielfaches in deutschen Wäldern unterwegs ist – vor denen Sie sich aber auch nicht fürchten müssen.

Viel gefährlicher sind Hunde, denen in Deutschland ca. 3 -4 Menschen pro Jahr zum Opfer fallen – meist Kinder, die mit ihnen spielen … oder Leitern, von denen im Jahr in Deutschland durchschnittlich 120 Menschen zu Tode stürzen.

Andere Europäer, die seit Jahrhunderten mit Wölfen leben (Spanier, Rumänen, Italiener, Skandinavier …), haben weit weniger Ängste vor dem Wolf, als wir hier in Deutschland.

Das Problem mit den Wölfen liegt darin, dass sie hin und wieder Weidetiere angreifen. Menschen werden von Wölfen nicht spontan angegriffen. Ich kenne jedenfalls keinen Fall, wo ein Mensch von einem Wolf angegriffen wurde – es sei denn, der Mensch hat versucht den Wolf zu verjagen und ihn dadurch in die Enge getrieben.

Ich selbst bin auch oft in Wolfsgebieten unterwegs gewesen und übernachte da auch sorgenfrei draußen oder im Zelt. Ich habe in freier Wildbahn trotzdem (leider) erst ein mal einen Wolf in meiner Nähe gehabt. Und der ist auch blitzschnell verschwunden, nachdem er mich bemerkt hatte.

Ich hoffe, das hilft Ihnen! Alles Gute für Ihre Touren,

Andreas Happe

Übrigens …

… viele Bergsteiger haben weniger Angst vor Wölfen, als vor Blitz und Donner. Hier lest Ihr mehr zum Gewitter in den Bergen.

3 Kommentare

  1. Es wurden Europäer von Wölfen getötet

    Berlin (ots)

    Der Wolf schaut dem Fotografen direkt ins Objektiv – zu diesem über soziale Kanäle verbreiteten Motiv (http://dpaq.de/Ro5Xh) wird behauptet: «In den letzten 5 Jahren kamen alleine in Deutschland über 130 Menschen durch Jäger ums Leben! Durch den Wolf getötete Menschen in ganz Europa in den letzten 40 Jahren? Genau! 0 Aber der Wolf ist die Gefahr…»

    BEWERTUNG: Die Aussage, dass in den vergangenen 40 Jahren kein Mensch in Europa von einem Wolf getötet wurde, ist falsch. Dass in fünf Jahren über 130 Menschen in Deutschland von Jägern getötet wurden, ist nicht belegbar, da es hierzu keine offizielle Statistik gibt.

    FAKTEN: Hinsichtlich der Wolfsangriffe in Europa gibt es eine Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages. Auf den Seiten 9 und 10 sind dort die Angriffe von Wölfen auf Menschen in den Jahren 2000 bis 2009 bzw. 2010 bis 2018 nachzulesen. (http://dpaq.de/zUUDY)

    Die Daten stammen von einer Auflistung von Wolfsangriffen bei Wikipedia (http://dpaq.de/8YuSZ), die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und sehr unterschiedliche Fälle beinhaltet.

    Nicht alle dort genannten Todesfälle gehen auf freilebende Wölfe zurück. Im schwedischen Tierpark Kolmården wurde 2012 eine Zoo-Wärterin im Wolfsgehege getötet. Was den Angriff des Rudels auf die 30-Jährige ausgelöst haben könnte, blieb wegen fehlender Augenzeugen ungeklärt. (http://dpaq.de/O7WWD)

    2010 wurde im europäischen Teil Russlands eine Frau von einem freilebendem Wolf getötet. Das Staatliche Veterinäramt für die Gebiete Brjansk und Smolensk teilte am 29. September 2010 mit, dass fünf Tage zuvor in der Nähe des Dorfes Ljubetschan der Angriff eines Wolfes auf Menschen registriert worden sei. (http://dpaq.de/Zo7U9)

    Weiter heißt es: «Das Opfer, eine ältere Frau, starb an ihren Verletzungen. Durch den Einsatz von Jägern und Polizisten wurde das aggressive Tier getötet. Eine Untersuchung des Tierkadavers durch die zuständigen Behörden bestätigte die Diagnose: Tollwut.» Ljubetschan liegt an der Grenze zur Ukraine: http://dpaq.de/7sLay

    Die Frage, wie viele Menschen bei der Jagd getötet wurden, lässt sich nicht beantworten, da es in Deutschland keine offizielle Gesamtstatistik gibt, die Jagdunfälle erfasst.

    Die «Initiative zur Abschaffung der Jagd» geht nach eigenen Angaben von jährlich bis zu 40 Menschen aus, die in Deutschland durch Jäger, durch Jagdwaffen oder in Zusammenhang mit Jagden ums Leben kommen (http://dpaq.de/dRnEn).

    Nach eigener Aussage ist die Initiative die einzige Organisation, die seit 2002 jährlich eine solche Statistik führt. Als Quellen werden Presseberichte gesammelt. Aufgelistet werden allerdings zum Beispiel auch Fälle, bei denen nicht klar ist, ob es sich um eine Sport- oder eine Jagdwaffe handelte. Auch Fälle von Herzinfarkten bei Jagden gelten in diesen Listen als tödliche Jagdunfälle. (http://dpaq.de/BP6Hm)

    Links:

    – Bei Twitter geteilter Beitrag: http://dpaq.de/Ro5Xh

    – Deutscher Bundestag zu «Wolfsangriffen in Europa, Russland,
    Asien und Nordamerika»: http://dpaq.de/1FzSU

    – Wikipedia-Liste der Wolfsangriffe: http://dpaq.de/8YuSZ

    – Mitteilung des Veterinäramtes (russisch): http://dpaq.de/Zo7U9

    – «Initiative zur Abschaffung der Jagd» über Menschen als Opfer
    von Jägern: http://dpaq.de/dRnEn

    – Deutscher Jagdverband zu Unfällen: http://dpaq.de/ukK9z

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