Das 3 x 3 der Tourenplanung

Die Alpen gehören zu den letzten wilden Naturlandschaften Europas. Wer sich hier sicher bewegen will, braucht Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Alltag der modernen Konsumgesellschaft nicht trainiert werden. Und eine gute Tourenplanung.

Tourenplanung: Jeder Teilnehmer sollte genau wissen, was auf ihn oder sie zu kommt.
Tourenplanung: Jeder Teilnehmer sollte genau wissen, was auf ihn oder sie zu kommt.

Leider sinkt der Respekt vor alpinen Gefahren immer mehr. Auch anspruchsvolle Hütten- und Gipfeltouren werden bedenkenlos von unerfahrenen Menschen angegangen. Das zeigt auch die Unfallstatistik der Bergrettung, die mittlerweile um die 40 % ihrer Rettungseinsätze für Personen aufwenden muss, die keinem Unfall zum Opfer gefallen sind, sondern die lediglich an der Grenze ihrer Fähigkeiten nicht mehr vor und nicht zurück können (Blockierung). Gleichzeitig hört man immer wieder naive Kommentare wie: „Wenn es gefährlich wäre, dann wäre es doch verboten!“

Für den erfahrenen Bergsteiger sind die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie eine verantwortungsvolle Tourenplanung die beste Versicherung gegen Probleme am Berg. Bei vielen Unfällen, die auch vom Sicherheitskreis des Alpenvereins ausgewertet werden, lautet das Fazit: „Mit einer vernünftigen Tourenplanung wäre das nicht passiert.“

Das GPS und digitale Karten sind auch für die Tourenplanung sehr hilfreich.
Das GPS und digitale Karten sind auch für die Tourenplanung sehr hilfreich.

Was ist nun aber Bestandteil der Tourenplanung und wie kann ich sie sinnvoll strukturieren? Hier ein kurzer grober Blick auf die Thematik:

Das 3 x 3 der Tourenplanung

Die Tourenplanung ist zeitlich und räumlich in drei Bereiche aufteilbar:

  1. zu Hause
  2. vor Ort
  3. auf der Tour

Dabei sollte man sich jeweils kritische Fragen stellen zu

  1. Gelände
  2. Verhältnisse
  3. Mensch

Tourenplanung zu Hause

Schon zu Hause betrachten wir die anvisierte Route in Bezug auf die Anforderungen an alle Teilnehmer*innen, auf mögliche Schwierigkeiten des Geländes und auf die vorhandene Infrastruktur. Haben wir genügend Informationen? Sind Beschreibungen sachlich und plausibel? Informationen in Internetportalen werden nur selten redaktionell geprüft. Höhenmeter und Streckenlänge, aber auch die Routenbeschaffenheit geben Aufschluss über die benötigte Zeit. Ist die Route der Gruppe angemessen? Wo können wir abkürzen?

Schlechtes Wetter und Hindernisse sollten auf der Tour keine Überraschung sein!
Schlechtes Wetter und Hindernisse sollten auf der Tour keine Überraschung sein!

Außerdem versuchen wir uns schon im Vorfeld ein Bild über die zu erwartenden Verhältnisse in Bezug auf die Wetterlage und andere äußere Bedingungen zu machen. Sind wir überhaupt in der richtigen Jahreszeit unterwegs? Liegt möglicherweise noch Schnee in den Gipfelbereichen oder sind schattige Scharten noch vereist? Ist die Hütte noch oder die Seilbahn (auch als Notabstieg) schon geöffnet? Sagt uns die langfristige Wetterprognose möglicherweise Kaltfronten oder Gewitterneigung voraus? Welche Ausrüstung brauchen wir?

Und nicht zuletzt betrachten wir die Teilnehmer*innen der gemeinsamen Unternehmung (jeder auch sich selbst) unter den Aspekten Können, Erfahrung, aktuelle Fitness und Gruppendynamik. Letztere wird oft vergessen und spielt doch bei vielen Unfällen am Berg eine entscheidende Rolle.

Sind alle Teilnehmer in der Lage, die technischen und konditionellen Herausforderungen zu stemmen? Sind Einzelne vielleicht zu ehrgeizig? Könnten sie andere Kolleg*innen mit ihrem Enthusiasmus mitreißen, ohne dass diese den Ansprüchen gewachsen sind? Können sich auch die weniger erfahrenen Gruppenmitglieder realistisch einschätzen?

Im Zweifel gilt hier wie bei allen Punkten: Lieber auf der sicheren Seite bleiben.

Nur wenn alle drei Faktoren (Gelände, Verhältnisse, Mensch) eine sichere Tour erwarten lassen, sollte die Unternehmung in Betracht gezogen werden.

Die Tourenplanung verrät, welche Ausrüstung dabei sein muss.
Die Tourenplanung verrät, welche Ausrüstung dabei sein muss.

Tourenplanung vor Ort

Die nächste Überprüfung erfolgt im Zielgebiet. Hier vor Ort verschaffen wir uns einen aktuellen Informationsstand über das Gelände und die Verhältnisse. Bergführerbüros, Tourist Informationen oder Hüttenwirte können gute Quellen sein. Trotzdem sollten wir die Angaben – vor allem die der letzten beiden Genannten – kritisch hinterfragen. Tourist Infos neigen nach meiner Erfahrung oft zum Dramatisieren, während Hüttenwirte nicht automatisch bergerfahren sein müssen und auch schon mal verharmlosen.

Jeden Tag wieder: Das Briefing der Gruppe gehört auch zur Tourenplanung.
Jeden Tag wieder: Das Briefing der Gruppe gehört auch zur Tourenplanung.

Erst vor Ort und kurzfristig können wir eine verlässliche Wetterprognose einholen. Faktoren wie die Schneegrenze oder das Wolkenbild können erst vor Ort in Augenschein genommen werden.

Wir schätzen gemeinsam mit unseren Gefährt*innen die Eignung jedes einzelnen Teilnehmers und jeder Teilnehmerin ein. Hat sich vielleicht jemand erkältet oder gestern zu sehr verausgabt?

Haben wir (Gemeinschaftsfahrten) oder hat der verantwortliche Führer oder die Führerin (Führungstouren) bei einem der drei Faktoren Bedenken, sollte die Tour so umgeplant werden, dass unnötige Risiken ausgeschlossen bleiben.

Louis Trenker schrieb dazu: „Du sollst keine Bergfahrt unternehmen, der Du nicht gewachsen bist.“

Rollende Planung auf Tour

Damit ist die Tourenplanung aber noch nicht zu Ende, denn es handelt sich um ein rollendes System. Auch nachdem wir die Bergtour begonnen haben, überprüfen wir immer wieder die drei genannten Faktoren: Das Gelände, die Verhältnisse und die Tagesform aller Teilnehmer.

Dazu muss man kein Plenum einberufen. Aber als Führer*in oder gleichberechtigte Teilnehmer einer Gemeinschaftsfahrt gilt es, in Bezug auf Gelände, Verhältnisse und Mensch die Augen offen und die Sinne scharf zu halten.

Wo früher Eis war, ist heute oft keins mehr. Aber das sollte man vorher wissen!
Wo früher Eis war, ist heute oft keins mehr. Aber das sollte man vorher wissen!

Sollten hier Bedenken auftreten, kann die Tour abgebrochen oder modifiziert werden. Zu einer guten Tourenplanung gehört also auch, mögliche Alternativen für Zwischenabstiege oder Routenänderungen parat zu haben. So etwas plant man leichter am Schreibtisch zu hause, als auf der Tour mit der Karte – im Notfall unter Zeitdruck bei Regen und Sturm.

Hier merken wir, dass die gesamte Tourenplanung kein linearer Prozess ist. Man springt durchaus auch mal wieder in der Chronologie zurück, um den Plan zu modifizieren oder einen alternativen Plan zu entwickeln.

Ausrüstungsplanung ist auch Teil der Tourenplanung.
Ausrüstungsplanung ist auch Teil der Tourenplanung.

Fazit

Natürlich können wir hier nur einen kurzen und eingeschränkten Blick auf das Thema Tourenplanung werfen. Wenn wir das 3 x 3 der Tourenplanung verinnerlichen, haben wir aber ein praktisches Werkzeug zur Verfügung. Es bringt uns dazu, alle entscheidenden Faktoren einer sicheren Tour zu überdenken.

Der Sinn der Tourenplanung ist es, rechtzeitig die nötigen Fragen zustellen und die Antworten strukturiert zu sammeln, um eine stabile Basis für richtige, auch kurzfristige Entscheidungen zu bekommen. Nichts wirkt weniger professionell, als wenn man nachher zugeben muss: Mit einer vernünftigen Tourenplanung wäre das nicht passiert …

Mehr Infos zur Tourenplanung findest Du unter www.trekkingguide.de

Übrigens …

… wenn Du eine Tour für einen Verein oder Veranstalter planst, solltest Du vielleicht auch wissen, was in eine Touren-Ausschreibung gehört.

2 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert