Wie schwer darf mein Rucksack sein?

Wie viel kg darf mein Rucksack auf einer Trekkingtour wiegen? Was ist von Faustformeln mit Bezug auf das Rucksack-Gewicht zu halten?

Trekkingtour mit vollem Gepäck und schwerem Rucksack
Trekkingtour mit vollem Gepäck und schwerem Rucksack

Bei der Planung einer Trekkingtour kommt man irgendwann unweigerlich an den Punkt, an dem man sein Gepäck kalkulieren muss. Dieses Thema gehört zu den entscheidenden Faktoren, die über Gelingen und Genuss oder Qual und Abbruch einer Trekkingtour entscheiden. Gerade beim Gewicht des Rucksacks erkennt man am deutlichsten den Unterschied zwischen Anfänger und erfahrenem Wanderer oder Bergsteiger. 

Das beste Beispiel zeigt der beliebte Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Hier trifft man viele Wanderer, die vor ihrer Pilgerreise (die auch nichts anderes als eine Trekkingtour ist) nur wenig Wandererfahrung sammeln konnten. Die meisten haben viel zu viel Gepäck dabei. Das ist sehr lukrativ für die spanische Post, denn gerade von den ersten Etappenorten des Jakobswegs in Spanien wird von den Pilgern immer wieder jede Menge Gepäck nach Hause zurückgeschickt. Aber sinnvoll für den Wanderer ist das natürlich nicht. Unterwegs merkt man sehr schnell, dass jedes überflüssige Kilogramm Gepäck schnell zur Qual wird.

Faustformeln zum Rucksack packen und zum Gewicht?

Aber wie viel Gepäck sollte ich denn dabei haben? Gibt es da eine Faustformel? Ja, es gibt Faustformeln. So kann man z.B. auch auf ansonsten seriösen Webseiten oder in Handbüchern lesen, dass man nicht mehr als 25 %, also ein Viertel seines eigenen Körpergewichts als Rucksackgewicht tragen sollte. Leider ist es aber so einfach nicht, und diese Faustformel kann man getrost sofort wieder vergessen.

Der Rucksack und sein Gewicht: Zu schwer oder zu leicht?
Der Rucksack und sein Gewicht: Zu schwer oder zu leicht?

Nehmen wir z.B. eine Frau mit einem Gewicht von 60 kg. Diese Frau dürfte also rechnerisch maximal 15 kg in ihrem Rucksack tragen. Nehmen wir einen Mann, der 70 kg wiegt. Der dürfte dann gerade mal gut zwei Kilogramm mehr tragen.

Faustformel für anspruchsvolle Wildnistour?

Wenn dieser Mann eine längere Trekkingtour plant, bei der er in der Wildnis autonom unterwegs ist, dann wird es schnell schwierig. Für Zelt, Schlafsack, Isomatte, Kochgeschirr, Kocher, Waschzeug, Kleidung, Regenschutz und sonstige Ausrüstung kommen – je nach Klimazone und Wetterbedingungen – schnell 10 bis 15 Kilogramm zusammen. Nun muss man aber auch an Proviant und Brennstoff noch ca. 1 Kilogramm pro Tag rechnen. Wenn man in einer Gegend unterwegs ist, in der es selten Trinkwasser gibt, kommt noch eine Menge Wasser hinzu, die getragen werden muss. Eine längere Wildnistour wäre also bei Anwendung der 25%-Faustformel für diesen Mann gar nicht möglich. Ein 100 kg wiegender Kollege dieses Mannes dürfte fast 8 kg mehr tragen. Klingt das plausibel?

Nun wird mancher sagen: „Solche Touren mit komplettem Gepäck sind sowieso nichts für mich”. Okay, dann schauen wir uns mal das andere Ende der Skala an.

Faustformel für Hüttentour oder Jakobsweg?

Wenn der oben genannte Mann mit 70 kg (und viele Männer sind noch deutlich schwerer) eine Hüttentour in den Alpen plant und über wenig Erfahrung verfügt, dann würde er vermutlich viel zu viel Gepäck mitnehmen. Die Faustformel mit 25 % des Körpergewichts suggeriert, dass er problemlos 17 –  18 kg in seinem Rucksack tragen könnte. Und viele  Anfänger fallen darauf rein. 

So erlebt man bei Hüttentouren in den Alpen immer wieder, dass unerfahrene Wanderer riesige, schwere Rucksäcke mit sich herumschleppen. Wenn man in den Alpen aber in Berghütten übernachtet und die Touren nicht zusätzliches Gepäck wie Seile, Steigeisen, Pickel etc. erfordern, dann kommt man mit der Hälfte des berechneten Gepäcks, also 8 bis 10 Kilo, problemlos aus. 

Leichter Rucksack für Hüttentouren und Pilgerwege, 7 - 9 kg kommen meist zusammen.
Leichter Rucksack für Hüttentouren und Pilgerwege, 7 – 9 kg kommen da meist zusammen.

Nun will ich niemandem verbieten, schwere Rucksäcke durch die Alpen zu tragen. Aber die Erfahrung zeigt, dass das kaum jemand mit Freude tut. Im Gegenteil, jedes Kilogramm zu viel wird schnell zu einer enorme Belastung und verdirbt den Wanderspaß. Außerdem kann zu viel Gepäck auch zu gesundheitlichen Problemen wie Knieschäden führen.

Na klar, es ist beim Packen ganz praktisch, wenn man seinen Kulturbeutel nicht ausräumen muss sondern einfach komplett in den Rucksack wirft, wenn man zu seinem Buch auch noch ein Ersatzbuch mit nimmt, wenn man für jeden Tag einen Satz frische Kleidung einpackt und aus Furcht vor Kälte noch eben die dicke Winterjacke in den Rucksack stopft. Aber sobald man dann den üppig gefüllten Rucksack über längere Strecken tragen muss, wird man seine Sorglosigkeit beim Packen verfluchen. 

Auch wenn man noch deutlich unter der oben genannten 25 % Marke bleibt, die Beispiele zeigen, dass diese Faustformel in beide Richtungen wenig Sinn ergibt. Bei anspruchsvollen Trekkingtouren braucht man einfach oft mehr Gepäck, sonst kann man die Tour nicht durchführen. Bei Hüttentouren (oder z.B. auch bei der ungenannten Pilgerreise nach Santiago de Compostela) braucht man deutlich weniger Gepäck und bleibt entspannt unter 10 kg pro Person.

Gibt es denn andere Regeln zum maximalen Rucksack-Gewicht?

Wenn die oben genannte Faustformel nicht sinnvoll anwendbar ist, welche Regeln gelten denn dann für das Packen des Rucksacks? Wie wir oben an den Beispielen schon gesehen haben, geht es weniger darum, was man tragen kann, sondern darum, was man für die geplante Tour wirklich braucht. Und wenn man eine Faustformel haben möchte, dann nimmt man diese: „So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich.“

Beim Packen zählt besonders Disziplin und gesunder Menschenverstand. Dabei macht es keinen Unterschied, ob man Mann oder Frau oder etwas anderes ist und wie viel Körpergewicht man auf die Waage bringt. Warum sollte auch eine Frau, die bei 170 cm Körpergröße 60 Kilo wiegt, weniger tragen können als eine gleich große Frau, die 90 Kilo wiegt? Und außerdem braucht man das, was man braucht – und das, was man nicht unbedingt braucht, sollten beide zu Hause lassen.

So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich, das können auf einer Trekkingtour auch schon mal über 30 kg sein.
So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Das können auf einer Trekkingtour auch schon mal über 30 kg sein.

Das bedeutet, beim Packen des Rucksacks hat man die geplante Tour und ihre Bedingungen genau vor Augen. “Welche Ausrüstungsgegenstände sind für diese spezielle Tour unbedingt (!) nötig?” ist hier die entscheidende Frage. Diese unverzichtbaren Dinge sollte man zusammenlegen und wiegen, oder schon mal in den Rucksack stopfen und den Rucksack anheben. Ist der Rucksack jetzt schon zu schwer? Wenn nicht, prima. Denn jedes Kilo weniger zahlt sich in puncto Wanderspaß oder Wanderqual aus. Bei einem geringen Gepäckgewicht muss man nur noch der Versuchung widerstehen, doch noch Unwichtiges zuzuladen.

Und wenn der Rucksack jetzt schon zu schwer ist? Dann kann man versuchen, die unverzichtbaren Gegenstände noch weiter zu optimieren.

  • Kann ich z.B. einen dicken Pullover auspacken und im Notfall stattdessen lieber mehrere T-Shirts und Sweatshirts übereinander ziehen (Zwiebeltechnik)?
  • Kann ich statt einer kurzen und einer langen Hose auch eine Ziphose einpacken?
  • Spart die Kombination von Regenhose und Shorts eine lange Hose?
  • Kann ich schnell trocknende Unterwäsche einpacken, die ich auf der Tour öfter mal wasche statt für jeden Tag neue Unterwäsche mit zu schleppen?
  • Muss jeder aus meiner Gruppe eine eigene Zahnpastatube mitnehmen, oder reicht vielleicht eine (kleine) für alle?
  • Braucht jeder ein Smartphone und eine Powerbank oder kann man sich hier auch zusammen tun? 
  • Brauche ich ein dickes Buch oder kann ich vielleicht auch auf dem Smartphone lesen?

Diese und ähnliche Fragen helfen dabei, das Gepäck noch einmal zu prüfen und zu reduzieren. Je weniger Gewicht man am Schluss tragen muss, desto besser und desto angenehmer wird die Trekkingtour. 

Trotz Gewichts-Optimierung: Die Sicherheit nicht vergessen!

Natürlich sollte man dabei auch Sicherheitsaspekte nicht komplett ignorieren. Bei dem Ehrgeiz, einen möglichst  leichten Rucksack dabei zu haben, wird nicht selten vergessen, dass man auch in Notlagen geraten kann. So sollte man vor allem in Bezug auf Regenschutz immer auf der sicheren Seite sein. Viele weniger erfahrene Bergwanderer sind schon umgekommen, weil sie für die geplante Tour zu schlecht ausgerüstet waren.

Aber auch dafür gilt, so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Man braucht keinen großen Erste-Hilfe-Kasten aus dem eigenen PKW, aber eine kleine Grundausstattung an Verbandsmaterial ist in der Regel ratsam. Auch hier hilft es, sich mit den Mitwanderern abzusprechen. Und auch hier gilt: “So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich!”

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