Inseln üben eine besondere Anziehungskraft auf Wanderfreunde aus. Sie kombinieren spektakuläre Küstenlandschaften mit bergigem Terrain, mildem Klima und kultureller Vielfalt. Gerade in Europa finden sich Inselrouten, die sowohl für Einsteiger als auch für geübte Trekker ideale Bedingungen bieten. Dabei ermöglicht das kompakte Terrain kurze Transfers, abwechslungsreiche Tagesetappen und grandiose Fernblicke über das Meer.

Wer das Wandern mit Erholung und Regionalgenuss verbinden möchte, findet auf Mallorca, Madeira, Korsika und Teneriffa vielfältige Optionen. Ob grüne Lorbeerwälder, alpine Kalksteinmassive oder Vulkanlandschaften – die vorgestellten Routen stehen für entschleunigtes Aktivsein mit Weitblick.
Mallorca: Serra de Tramuntana als UNESCO-prämiertes Wanderparadies
Mallorcas Nordwesten lockt Wanderfreunde mit einem einmaligen Mix aus Natur, Kultur und mediterraner Weite. Die über 90 Kilometer lange Gebirgskette Serra de Tramuntana wurde 2011 zum UNESCO-Welterbe ernannt – nicht ohne Grund:
Trockenmauern, jahrhundertealte Olivenhaine und charmante Steindörfer prägen das Landschaftsbild. Besonders beliebt sind zwei abwechslungsreiche Wanderrouten, die sowohl Einsteiger als auch erfahrene Bergwanderer ansprechen.
Tour 1: Von DeiĂ nach SĂłller
- Länge/Dauer: ca. 10 km / 3–4 Std.
- Höhenmeter: ↑↓ 400 hm
- Schwierigkeit: leicht bis mittel
- Start/Ende: Ortsausgang Deià → Zentrum Sóller
- Wegmarkierung: GR221-Signalisation
Diese Etappe des Fernwanderwegs GR221 führt auf alten Verbindungswegen durch Olivenhaine, schattige Wälder und vorbei an landwirtschaftlichen Terrassen mit Blick auf das azurblaue Meer. Schon nach wenigen Minuten fühlt man sich wie in einer anderen Welt – der Lärm des Südens bleibt zurück, während das Zwitschern der Vögel den Weg begleitet.
Besonders im FrĂĽhjahr, wenn die Landschaft aufblĂĽht, ist diese Strecke ein Fest fĂĽr die Sinne. Der moderate Anstieg verteilt sich angenehm ĂĽber die Etappe, sodass auch weniger GeĂĽbte problemlos vorankommen. Wer frĂĽh in DeiĂ startet, kann in SĂłller entspannt einkehren und mit der historischen StraĂźenbahn oder dem Bus zurĂĽckfahren.
Tour 2: Vom Refugi Tossals Verds zum Kloster Lluc
- Länge/Dauer: ca. 14 km / 5–6 Std.
- Höhenmeter: ↑ 700 hm
- Schwierigkeit: mittel (steinige Abschnitte, teils anspruchsvolle Orientierung)
- Start/Ende: Parkplatz Tossals Verds → Kloster Lluc
Diese Route führt tiefer in die Serra hinein und ist landschaftlich besonders eindrucksvoll. Sie beginnt am Refugi Tossals Verds und verläuft durch felsiges Gelände, vorbei an bizarren Felsformationen und alpinen Pflanzen. Im Aufstieg eröffnen sich immer wieder neue Ausblicke – unter anderem auf den Puig de Massanella, den zweithöchsten Berg Mallorcas.
Da es entlang der Route keine Einkehrmöglichkeiten gibt, sollte man ausreichend Wasser und Proviant einpacken. Am Ziel erwartet einen das Kloster Lluc, ein spiritueller Ort mit Übernachtungsmöglichkeit und Gastronomie. Hier trifft mallorquinische Geschichte auf moderne Gastfreundschaft.
Tipp für längere Aufenthalte: Wer mehr als nur eine Tagestour unternehmen möchte, sollte Sich auf Mallorca eine Finca in der Region als Basis wählen. Viele der traditionellen Landhäuser bieten ruhige Lage, gute Anbindung an Wandergebiete und authentisches Flair – ideal für eine entspannte Kombination aus Aktivurlaub und Erholung.
Madeira: Levadas und Gipfel mit Atlantikblick
Die portugiesische Insel Madeira ist ein Paradies für Naturliebhaber. Dank ihres milden Klimas, üppiger Vegetation und schroffer Berge bietet sie ganzjährig perfekte Bedingungen zum Wandern.
Ein besonderes Highlight: die sogenannten Levadas – historische Wasserkanäle, die über Wartungswege erkundet werden können. Hinzu kommen anspruchsvolle Höhenwege mit spektakulären Panoramablicken über den Atlantik.
Tour 1: Levada das 25 Fontes
- Länge/Dauer: ca. 11 km / 3–4 Std.
- Höhenmeter: gering
- Schwierigkeit: leicht bis mittel
- Start/Ende: Parkplatz Rabaçal → Wasserfälle & retour
Diese Route zählt zu den beliebtesten Levada-Wanderungen der Insel. Der Weg verläuft größtenteils flach und ist gut ausgebaut, was ihn auch für Familien geeignet macht. Durch dichte Lorbeerwälder, vorbei an Farnen, bemoosten Steinen und kleinen Bachläufen, erreicht man schließlich die berühmten „25 Quellen“.
Das Ziel ist ein von Felswänden umgebener Kessel, in dem dutzende kleine Wasserfälle in ein natürliches Becken stürzen – ein magischer Ort. Unterwegs gibt es einige dunkle Tunnelpassagen; eine Stirnlampe ist daher empfehlenswert.
Tour 2: Pico do Arieiro – Pico Ruivo
- Länge/Dauer: ca. 14 km / 6–7 Std. (Hin- und Rückweg)
- Höhenmeter: ↑↓ über 1.000 hm
- Schwierigkeit: hoch (schmale Grate, viele Stufen, Tunnels)
- Start/Ende: Parkplatz Pico do Arieiro
Diese alpine Route verbindet die beiden höchsten Gipfel Madeiras: den Pico do Arieiro (1.818 m) und den Pico Ruivo (1.862 m). Die Wanderung zählt zu den spektakulärsten auf ganz Madeira und führt über schmale Berggrate, durch Felstunnel und entlang steiler Treppenpassagen.
Der Weg ist zwar gut gesichert, erfordert aber Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und eine solide Grundkondition. Bei klarer Sicht bieten sich dramatische Tiefblicke und fantastische Wolkenpanoramen. Wer früh startet, kann den Sonnenaufgang über den Bergen erleben – ein unvergessliches Naturschauspiel. Frühling und Herbst sind ideal für diese Tour, da es im Sommer oft neblig wird und die Temperaturen schnell steigen können.
Korsika: Der GR20 als anspruchsvollste Inselroute Europas
Korsika ist ein Paradies für erfahrene Wanderer. Mit dem GR20 zieht sich eine der herausforderndsten Fernwanderungen Europas über die Insel – eine Traumroute für sportlich Ambitionierte, aber nichts für Anfänger.
Tour 1: Vizzavona – Capannelle (Etappe 10)
- Länge/Dauer: ca. 13 km / 5 Std.
- Höhenmeter: ↑ 650 hm
- Schwierigkeit: mittel bis hoch
Diese Etappe gehört zu den zugänglicheren Abschnitten des GR20 und bietet trotzdem das typische alpine Korsika-Erlebnis. Die Wanderung startet in Vizzavona, einem kleinen Ort mit Bahnanbindung – ideal für die Anreise ohne Auto.
Der Weg führt über bewaldete Hänge, weite Lichtungen und vorbei an rustikalen Berghütten. Wer den GR20 kennenlernen will, ohne gleich an seine Grenzen zu stoßen, ist hier genau richtig. Stöcke und gute Schuhe sind ratsam, da der Weg stellenweise steinig ist.
Tour 2: Corte – Tavignano-Schlucht
- Länge/Dauer: ca. 12 km / 4 Std.
- Schwierigkeit: mittel
- Highlights: Granitschlucht, Badegumpen, alpine Flora
- Tipp: FrĂĽh starten, da viele Abschnitte wenig Schatten bieten
Diese Rundwanderung startet in Corte, dem geographischen Herzen Korsikas. Der Weg folgt dem Tavignano-Fluss und fĂĽhrt durch eine beeindruckende Granitschlucht. Unterwegs laden zahlreiche Gumpen mit klarem Wasser zu einer erfrischenden Pause ein.
Wer alpine Landschaften liebt, aber den GR20 scheut, findet hier eine perfekte Alternative. Die Strecke ist technisch nicht schwer, aber in der Sonne fordernd – also früh losgehen und ausreichend Wasser mitnehmen.
Teneriffa: Vulkanlandschaften und Höhenwanderungen im Teide-Nationalpark
Teneriffa bietet eine einzigartige Kombination aus vulkanischen Gesteinsformationen, bizarrer Mondlandschaft und luftigen Höhen. Besonders eindrucksvoll ist das Wandergebiet rund um den Teide, den höchsten Berg Spaniens.
Tour 1: Roques de GarcĂa Rundweg
- Länge/Dauer: ca. 4 km / 1,5 Std.
- Schwierigkeit: leicht
- Highlights: bizarr geformte Felsen, Blick auf den Teide, Lavagestein
Diese kurze Wanderung ist ideal fĂĽr den Einstieg in die Vulkanlandschaft. Der gut ausgeschilderte Rundweg fĂĽhrt an den markanten Roques de GarcĂa vorbei, den ikonischen Felsformationen im Herzen des Nationalparks.
Besonders fotogen ist der Blick auf den Teide im Hintergrund. Trotz der Kürze der Strecke ist festes Schuhwerk empfehlenswert, da einige Passagen über loses Lavagestein führen. Ein informativer Weg mit beeindruckender Szenerie – auch gut für Familien geeignet.
Tour 2: Pico del Teide Besteigung (mit Altavista-HĂĽtte)
- Länge/Dauer: ca. 9 km / 5 Std. (ab Montaña Blanca)
- Höhenmeter: ↑ über 1.300 hm
- Schwierigkeit: hoch
- Hinweis: Gipfelgenehmigung notwendig, online reservieren
- Empfehlung: Ăśbernachtung in der Altavista-HĂĽtte zur besseren Akklimatisierung
Der Aufstieg auf den Pico del Teide ist eine echte Herausforderung – und ein unvergessliches Erlebnis. Gestartet wird an der Montaña Blanca, von wo aus der Weg zunächst durch helles Bimsstein-Feld führt, bevor es steil zur Altavista-Hütte hinaufgeht.
Wer dort übernachtet, kann früh morgens den Gipfel erreichen – bei klarer Sicht ein Sonnenaufgang über den Wolken. Wichtig: Auch im Sommer kann es eisig werden. Warme Kleidung, Stirnlampe und ausreichend Wasser sind Pflicht. Wer es bis zum Gipfel schaffen will, muss eine Genehmigung vorweisen – am besten einige Wochen im Voraus online reservieren.
Fazit: Wandern mit Meerblick
Europas Inseln sind weit mehr als Badeziele. Sie vereinen spektakuläre Küstenlandschaften mit alpinen Elementen, mediterranem Flair und spannender Geologie – und bieten damit perfekte Voraussetzungen für unvergessliche Wandererlebnisse.
Ob auf schmalen Felswegen entlang der Calanques bei Cassis, auf mystischen Klippenpfaden in Schottland, auf dem anspruchsvollen GR20 durch Korsikas Gebirge oder durch die Vulkanlandschaften Teneriffas – jede Insel zeigt ihre ganz eigene, wanderbare Persönlichkeit.
Dabei findet sich fĂĽr jedes Level die passende Tour: Einsteiger genieĂźen gut ausgebaute Rundwege wie die Roques de GarcĂa oder die Tavignano-Schlucht, während ambitionierte Wanderer auf dem GR20 oder bei der Besteigung des Teide ihre Grenzen ausloten können.
Wer klug plant, auf seine Kondition achtet und sich ĂĽber saisonale Sperrungen, AusrĂĽstung und Wetterlagen informiert, kann selbst anspruchsvolle Routen sicher meistern.
Das Inselwandern bietet nicht nur körperliche Herausforderung, sondern auch intensives Naturerlebnis – oft mit Blick aufs offene Meer, durch stille Bergwelten oder entlang grüner Schluchten. Es lohnt sich, die bekannten Badeinseln neu zu entdecken – zu Fuß und mit allen Sinnen.